Klingt nach einem neuen Buchtitel, ist aber ein Berliner Szenemagazin in dem ein Interview von mir erschienen ist:
EIN HAUCH SINNLICHKEIT
Erzähl unseren Lesern bitte etwas über Deinen Werdegang?
Aufgewachsen bin ich in der wunderschönen Altmark, einer sehr ländlich geprägten Gegend, vor und nach der Wendezeit. Doch nicht nur Zeit des Umbruchs hat mich geprägt. Es war auch die Mischung aus den Träumen meiner Oma und meiner abenteuerlichen Kindheit, die es mir ermöglicht hat, meine Umwelt freigeistig und weltoffen zu erforschen. Ich war schon immer sehr introvertiert und saugte alles um mich herum auf, um fantasievolle Geschichten daraus zu spinnen. Spätestens als meine Oma mir die Bücher in altdeutsch Schrift vorlegte, die ich bald lesen lernte, war es um mich geschehen. Da verstand ich, dass ich meine Geschichten auch festhalten konnte und wollte. Und mein Kopf war voll davon … Während der Ausbildung und später des Studiums habe ich Lyrik und Belletristik gegen Fachbücher getauscht. Es langweilte mich unsagbar und ich bin froh, dass ich anschließend wieder die literarische Kurve bekommen habe. Mittlerweile lebe ich im Speckgürtel Hannovers, der Spross ist wie mein Opa ein Niedersachse. So schließt sich der heimatliche Kreis.
Wann hast du darüber nachgedacht Bücher zu schreiben?
Sehr früh, ich muss sechs oder sieben gewesen sein. Die Liebe zum Lesen und Schreiben hat meine Oma in mir geweckt. Sie hatte eine Buchhandlung in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin. Sie las immerzu wie auch meine Eltern. Selbst verständlich wollte ich wissen, was an diesen dicken Büchern so interessant war. Nun stehen viele dieser Bücher bei mir zu Hause. Immer wenn ich eines davon lese, stelle ich mir vor, wie sie es damals gelesen haben, was die Geschichten mit ihnen gemacht haben.
Gab es anfangs Phasen in denen Du darüber nachgedacht hast, ob überhaupt jemand Deine Bücher – besonders das erste- kaufen und lesen wird?
Darüber habe ich, bevor ich Texte veröffentlicht habe, nie nachgedacht. Ich wollte diese vielen Bilder in meinem Kopf aufs Papier bringen – endlich loswerden. Es war wie ein Befreiungsschlag. Auch wenn nicht jede Geschichte ein Ende fand.
Heute ist das anders. Außerdem gibt es jetzt eine Plattform für Selfpublisher. Ich erwarte nicht, dass jemand meine Bücher oder Kurzgeschichten lesen will, freue mich aber über die Rückmeldungen, wenn sie den Lesern gefallen haben. Man darf nicht vergessen, dass das Schreiben ein Handwerk ist. Auch wenn ich viel lese und schreiben, heißt es nicht, dass immer etwas Gutes bei herauskommt. Es ist ein Herantasten, ein Spiel mit Worten, deren Ästhetik unbedingt gewahrt werden will. Eine Kunst, die ihren Liebhaber sucht. Jedes Buch findet seinen Bewunderer, da bin ich mir sicher.
Hast Du als Kind schon Kurzgeschichten geschrieben?
Das habe ich in der Tat. Abenteuergeschichten von Piraten oder Jugendgeschichten vom ersten Verliebtsein oder Gedichte. Eine davon hat mein Vater beim Aufräumen gefunden und mir 2016 mitgebracht. Das war der Initialfunke, der das Schreibfieber wieder entfacht hat.
Erzähl unseren Lesern bitte etwas zum Entstehen von „Sommernächte“?
Nachdem ich mir vorgenommen, wieder zu schreiben, dauerte es nicht mehr lange bis ich mich tatsächlich an den Computer setzte. Wenn ich für etwas brenne, gibt es kein großes Federlesen. Einfach machen lautet die Devise. So habe ich den Roman „Sommernächte“ innerhalb von zwei Wochen runtergeschrieben. Bis das Buch dann tatsächlich reif zu Veröffentlichung war, haben wir (Lektorinnen, Testleser und ich) noch monatelang daran gearbeitet.
Wer hat das erste Exemplar gekauft?
Meine Eltern.
Du hast das Buch allein veröffentlicht. Bist Du zuvor durch die Lektorenhölle gegangen?
Ich habe schon davon gehört, dass dieser Arbeitsschritt am Manuskript heftig werden kann. Zutreffend war das jedoch bei diesem Buch nicht. Die Lektorin war tatsächlich im Umgang angenehm und die Zusammenarbeit hat Spaß gemacht. Allerdings war der Aufwand ganz umsonst, da meine Freundin das Buch danach durch die Mangel nahm, doch zum Glück anschließend das Korrektorat durchführte. Diese Zeit des Austauschs mit ihr war großartig – arbeitsintensiv aber unglaublich lehrreich für uns beide. Da war plötzlich jemand, der genauso für diese Geschichte brannte wie ich. Damit hätte ich nie gerechnet, als ich begonnen hatte, den Protagonisten Leben einzuhauchen.
Wie bist Du dann in die Planungsphase gegangen?
Planungsphase? Ich hatte Urlaub und sturmfrei. Da habe ich mich hingesetzt und zehn Tage durchgeschrieben. Schreiben. Kaffee. Schlafen. Schreiben. Kaffee, usw.. Ein ekstatischer Zustand. Voller Hingabe.
Hast Du ausreichend Zeit der Leidenschaft des Schreibens nachzugehen?
Nein. Unendlich viele Bücherideen schwelen in meinem Kopf herum, sodass ich meine Zeit sicher mit dem Schreiben ausfüllen könnte. Ob ich davon leben könnte, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.
Siehst Du Dein Buch auch als eine Art Kunstwerk?
Der Umgang mit Worten ist für mich ganz klar als Kunst zu verstehen. Diese interpretiert jeder auf seine Weise. Das beginnt natürlich im Lyrischen und endet in der Prosa. Bei guten Büchern merke ich gar nicht, dass ich lese, weil ich tief im Kopfkino stecke. Holprige, schwer zu lesende Texte lege ich schnell beiseite.
Erotische Literatur dürfte doch noch einmal schwerer sein, es bei Verlagen oder eben später bei Buchhändlern anzubieten, oder?
NTS: Ganz im Gegenteil. Gutgeschriebene Erotikromane verkaufen sich wie geschnitten Brot. Der Markt ist da und das wissen die Verlage und Händler längst. Die Zielgruppen decken sich meist auch mit Liebhaber der eBooks, sodass der weniger risikoreiche Imprint-Bereich in vielen Verlagshäusern um die Erotiksparte erweitert wurde. Bewährt sich die Geschichte, bestehen gute Chancen das Angebot mit einem Taschenbuch zu erweitern. „Sommernächte“ habe ich zwei kleinen Verlagen angeboten, wobei nur einer gepasst hätte. Ein Vertragsangebot hat sich nicht ergeben. Doch so wie sich das Interesse an „Sommernächte“ und den anderen Geschichten entwickelt hat, bin ich sehr zufrieden.
Warum eigentlich erotische Literatur?
Spätestens seit „50 Shades of Grey“ ist das Genre populär. Und damit meine ich die Offenheit, den Akt als auch die Gefühlswelt der Protagonisten explizit zu beschreiben. Ich würde diese Entwicklung am Buchmarkt nicht einmal als mutigen Trend, sondern vielmehr als liebgewonnene Freiheit beschreiben. Insbesondere Frauen – so mein Eindruck -, und da schließe ich mich durchaus ein, genießen das Kopfkino, dass die erotische Literatur entfacht. Und damit meine ich keine lieblose Aneinanderreihung pornöser Szenen, sondern gutgeschriebene Liebesromane mit dem gewissen Extra. Letztens sah ich eine junge Mutter im Eiskaffee einen erotischen Roman lesen, was mich wirklich glücklich machte. Vor gar nicht allzu langer Zeit hätte man zumindest ein Umschlag darum gebastelt und vielleicht nicht einmal in der Öffentlichkeit gelesen. Heute liest man selbstbewusst wo und was man/ frau will.
Lebst Du Deine Fantasien in den Büchern aus, oder sind es eigene Erlebnisse?
Ich höre zu und sehe viel. Menschen erzählen mir gern von ihren Träumen und Wünschen. Ich bin in dieser Hinsicht unvoreingenommen erzogen wurden, was sicher ein Vorteil ist, offen an das Thema heranzutreten. Meine Familie ist in dieser Hinsicht durchschnittlich keusch oder unkeusch. Dennoch durfte ich jede Frage stellen und diese wurde mir beantwortet. Es beschämt mich nicht, über Gefühle und Geschlechtsverkehr zu schreiben oder zu sprechen. Niemand sollte hierbei Hemmnisse verspüren.
Wie viel Nora steckt in Deinen Büchern?
Oh, ganz viele Kleinigkeiten. Ich beschreibe Orte, die ich bereist habe, Charaktere, denen ich begegnet mit, Geschehnisse, die mir selbst widerfahren sind. Ich flechte alles ein. Diese Authentizität macht Bücher in meinen Augen lesenswert.
Welches Buch hast Du Dir als letztes gekauft?
„Und Nietzsche weinte“ von Irvin D. Yalom – Eine Empfehlung meines Chefs. Ich habe es aber noch nicht gelesen. Gerade lese ich einen romantischen Klassiker: „Sturmhöhe“ von Emily Brontё. Ab und zu sehne ich nach Lautmalerei oder detailreichen Beschreibungen, an denen es den meisten Büchern heutzutage leider fehlt.
Erzähl uns etwas über die Chaosqueen in Dir?
Das Chaos ist ein ganz wichtiger Begleiter in meinem Leben. Mein Chaos lässt mich viele Dinge ausprobieren und kreativ sein, lässt Gutes entstehen und mich oft scheitern. Früher empfand ich gerade diese Fehlversuche als Manko, fühlte mich schlecht, was mich aber nie davon abgehalten hat, etwas anderes zu probieren. Das ich dabei Dinge oft zu schnell aufgebe, die evtl. eine zweite Chance verdienen, bedauere ich zwar, habe mich aber damit abgefunden. Das Nachtrauern raubt mir die Energie, mich neuen Abenteuern zu widmen. Dabei ist mir bereits aufgefallen, dass die Konstanten in meinem Leben immer mit Liebe zu tun haben. Meine Familie hat ziemlichen Glück. Und meine Bücher …
Wie siehst Du die allgemeine Buchmarkt Situation und die Chance mit einem Independent Werk sich zu behaupten?
Als Betriebswirtin beschäftige ich mich bereits seit 15 Jahren mit dem Handel und ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass kein Markt so undurchdringlich ist wie der Buchmarkt. Alles ist möglich. Ganz wenige Selfpublisher haben sich über die Jahre hinweg eine Fanbase aufgebaut und können hauptberuflich davon leben. Das wiederum hat den Vorteil, dass diese Kollegen ausreichend Zeit fürs Schreiben neuer Bücher haben. Ich habe bereits richtig gute Bücher von Kolleg:innen gelesen, deren Verkäufe jenseits von meinen liegen. Wenn sie bei Verlagen unterkommen, freut mich das für sie. Man darf die Kosten, für ein marktfähiges Buch nicht unterschätzen und gute Verlage nehmen dem Autoren den finanziellen Aufwand für Lektorat und Cover ab. Ggf. kommt noch ein kleines Marketingpaket on top und der Einstieg fällt leichter. Dennoch ist ein Verlagsvertrag kein Garant für den Erfolg. Mittlerweile habe ich Einblick in beide Bereiche und bin viel gelassener als am Anfang meine „Schreibkarriere“. Jedes Buch muss sich behaupten und mittlerweile schaffen es auch immer wieder Selfpublisher in die Spiegel-Bestsellerliste. Wie schon gesagt, alles ist möglich.
Aktuell hören wir von Insolvenzen großer Vertriebe, Zusammenschlüssen großer Buchhäuser, riecht das nach Ausverkauf?
Für mich klingt das nach Marktbereinigung. Das kommt in allen Bereichen des Handels vor. Ich hoffe nur, dass alle Arbeitnehmer, die dadurch Ihren Job verloren haben oder werden, bald woanders unterkommen.
Wie würde deine eigene Buchhandlung aussehen?
Das habe ich mich auch schon häufig gefragt. Es wäre sicher eine Kooperation mit Floristen, Konditoren in einem großen Laden mit Garten, der Workshops und Veranstaltungen ermöglicht. Diversifikation also. Ich würde mich wohl ständig neu erfinden. Verlagsbücher gäbe es nur auf Bestellung. Kleinere Verlage und gute Selfpublisher dürften ihre Werke bei mir platzieren.
Gibt es für Selfpublisher überhaupt ausreichend Möglichkeiten zu werben bzw. sein Buch vorstellen zu lassen?
Unmengen. Kostenfrei kann man die Sozial Media Kanäle nutzen oder kostenpflichtige Werbung aller Art einkaufen. Ich schätze hingegen die Arbeit der Buchblogger sehr! Von der Teilnahme an Messen habe ich Abstand genommen. Der Aufwand ist hoch, der Nutzen nicht messbar. Meine Bücher verkaufen sich zum Glück auch ohne teure Werbung, denn mein Marketingbudget liegt bei ungefähr 0,- € +/-.
Wie reagieren große Magazine auf Selfpublisher?
Buchbesprechungen werden m.E. wenn überhaupt nur über Verlagsbücher abgehalten. Das finde ich sehr schade. Dennoch gibt es z.B. Buchhandlungen die unabhängig der Grossisten einkaufen. Vielleicht haben auch die größeren Magazine irgendwann den Mut, in diesen Markt einzutauchen. Sie wären überrascht.
Was müsste sich deiner Meinung nach ändern?
Für Magazine müsste es sich lohnen, über diesen Markt zu berichten. Anzeigen können sich Selfpublisher nicht leisten. Redaktionelle Beiträge, wie dieses Interview, wären eine Möglichkeit. Dennoch begibt man sich damit auf dünnes Eis, wenn man zahlende Kunden wie Verlage nicht verprellen möchte. Darauf eine zufriedenstellende Antwort zu bekommen, würde mich auch interessieren. Ich befürchte aber, keine geben zu können.
Welche allgemeinen Änderungen würden Deine Arbeit fördern und unterstützen?
Wenn ich im Brotjob mehr verdienen würde, könnte ich weniger arbeiten, um mehr Zeit fürs Schreiben zu haben. Dazu hätte ich gern eine professionelle Lektorin (m/w), bei der alles passt und die immer Zeit für mich hat … Meine Buchcover gestalte ich mittlerweile selbst, weil es solch einen Spaß macht. Diesen Traum habe ich mir schon erfüllt.
Woran arbeitest Du gerade?
Nachdem ich gerade eine Kurzgeschichte veröffentlicht habe, werde ich an Roman Nr. 3 weiterarbeiten. Eine Liebesgeschichte, die um 1920 beginnt und im Hier und Jetzt endet. Mit meinem Vater habe ich bereits eine große Tour durch Norddeutschland gemacht, um die Orte des Romans kennenzulernen. Die Hälfte ist niedergeschrieben und ein erstes Mal lektoriert. Der nächste Schritt ist die Überarbeitung des ersten Teils und das Zuendebringen. Bisher der schwerste Text für mich.
Wann können wir uns über ein neues Buch von Dir freuen?
Das ist eine Frage, auf die ich keine gescheite Antwort weiß. Ich nehme an, wenn es fertig ist.
Was möchtest Du unseren Lesern noch mitteilen?
Ich bin ein gutes Beispiel – mittlerweile sehe ich das so –, dass man auch mit viel Chaos im Kopf kreativ und erfolgreich sein kann. Ich bin jeden Tag erfolgreich, mal mehr mal weniger. Ich wuppe mit einer 35-Stunden-Woche den familiären Alltag, bin freiberufliche Autorin, habe gerade noch ein kleines Gewerbe am Laufen und versinke trotzdem noch gern in Büchern, Serien oder im Blumenbeet. Sicher muss ich kämpfen, um Zeit für das zu haben, was mich persönlich weiterbringt. Ich passe in keine Schublade oder jeden Tag in eine andere, aber wen interessiert das schon. Am Ende des Tages bin ich froh, ich zu sein, mit all meinen Fehlern und Wünschen und Ideen für morgen. Ein gesundes Maß an Selbstzweifeln darf meinen Kurs korrigieren, das Ziel bestimme immer ich. Liebe Leser, traut euch ihr selbst zu sein. Ihr brennt für etwas? Fangt einfach an. Es wird nie das, was ihr euch vorstellt, aber es kann besser werden. Verpasst es nicht!